Isgard Moje-Wohlgemuth (geb. 1941 in Gumbinnen/Ostpreußen – 2018) und ihr ehemaliger Mann Klaus Moje gehören zu den Urgesteinen der zeitgenössischen Glaskunst in Westdeutschland. Sie lernten sich während ihrer Ausbildung an der Glasfachschule in Hadamar kennen, wo Isgard 1956 bis 1959 den Beruf der Glasmalerin erlernte. Anschließend arbeitete sie als Designerin in der Glasindustrie. 1962 gingen die beiden nach Hamburg, um hier die Glasschleiferei von Mojes Vater zu übernehmen. Zunächst lebten sie von Aufträgen für Bleiglasfenster, Glasmalereien, Restaurierungen in diesem Bereich und Glasschliffarbeiten für andere Handwerksbetriebe. Seit Mitte der 1960er Jahre begannen sie, sich im Kunsthandwerk zu etablieren und traten mit der gemeinsamen Signatur „Moje“ auf. Das gelang mit der von Isgard Moje-Wohlgemuth seit 1967 entwickelten, unverwechselbaren Malweise auf Glasgefäßen, die ohne Vorbild ist. Die Gläser als Basis der Malerei sind nach ihren Vorstellungen in verschiedenen Glashütten geblasen und in den ersten Jahren von ihrem Mann als Grundierung matt geschliffen. Die Farben, in Öl gelöste Metalloxide, sind mit dem Pinsel aufgetragen. Zur Bemalung standen die Gläser auf einer Drehscheibe: Oft hielt dabei die Hand still und das Glas drehte sich für den Farbauftrag. Geometrische Muster sind so sauber herzustellen. In einem Elektroofen wurden die Farben bei ca. 600 Grad eingebrannt. Dieser Vorgang wurde bis zu siebenfach wiederholt, bis eine tiefe, mehrschichtige Farbwirkung entstand. Seit 1972 ist bei vielen Arbeiten der letzte Brand bis zu 860 Grad temperiert, bis das Glas weich zu werden und sich zu verformen beginnt, die Gläser anfangen, in sich zusammenzufallen. Gleichzeitig erhalten die Farben durch die höhere Temperatur eine größere Brillanz. Isgard Moje-Wohlgemuth hat ihre Arbeit stets variantenreich weiterentwickeln können und über die Jahrzehnte ein weltweit anerkanntes Œuvre geschaffen. In den ersten Jahren gab es eine große Nähe der Malerei von Isgard Moje-Wohlgemuth zu organisch gewachsenen Naturformen. Nach der Trennung von ihrem Mann und dem Aufbau einer eigenen Werkstatt in Schwanewede-Meyenburg bei Bremen seit 1980 erlangten geometrische Muster eine größere Bedeutung. Die Arbeiten wurden zudem größer und wandten sich immer mehr vom Gefäß als Grundform ab. Zur hohen künstlerischen Qualität der Malerei gesellte sich auch immer mehr die freie Form des Trägerglases. Moje-Wohlgemuth öffnete die Gefäße zu durchlässigen Zylindern. Diesen fügte sie liegend oder stehend stoffballenartige Abwicklungen oder Wellen hinzu. Muscheln wurden ein Thema und auch der Kimono als Zeichen ihrer Verbundenheit mit der traditionellen Kunst Japans mit ihrer Tendenz zur Kontemplation. Zudem führte sie auch wieder architekturbezogene Arbeiten und raumgreifende Installationen aus, wie das aus 90 Einzelsegmenten bestehende „Opus Blau“ für die bedeutende Ausstellung „Neues Glas in Europa“, die 1990/91 in Düsseldorf zu sehen war. Parallel dazu gestaltete Moje-Wohlgemuth seit dem Beginn der 1970er Jahre Schmuck aus Glas. Das Glas nutzte sie dabei nicht wie üblich als preiswerten Ersatz für Edelsteine, sondern nahm es als eigenständigen Werkstoff ernst. Für Helmut Ricke steht Isgard Moje-Wohlgemuths Glasschmuck „nicht isoliert für sich. Er verbindet sich mit den Gefäßen und den vielteiligen Opera zum Gesamtwerk einer Künstlerin, für die Experiment und künstlerische Suche, der Respekt vor dem Material und das Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten zu Triebkräften für die Entstehung von Dingen wurden, deren Reiz sich kaum jemand entziehen kann.“ Das Streben nach Schönheit ist die Prämisse all ihres künstlerischen Tuns. Uwe Claassen