Die Hamburger Achilles-Stiftung

Edith und Barbara Achilles, Mutter und Tochter, Unternehmerinnen in der Maschinenbaubranche Hamburgs, teilten die Sammelleidenschaft. Barbara Achilles baute mit Unterstützung ihrer Mutter seit den 1960er Jahren eine bedeutende Bibliothek von deutschen Pressendrucken auf: Bücher in kleinen und kleinsten Auflagen und auserlesener Typographie, mit originalgrafischen Illustrationen und meist aufwändigen Handeinbänden. Andersherum unterstützte die Tochter ihre Mutter beim Aufbau einer Sammlung zum Jugendstil, der seit den 1960er Jahren wiederentdeckt wurde. Nach über 30 Jahren des Sammelns kam in den 1990er Jahren bei Edith Achilles langsam der Eindruck auf, dass es im Jugendstil für sie nichts wirklich Neues mehr zu entdecken gäbe. Nebenher, eher durch Zufallsfunde bestimmt, erwarb sie bereits seit den 1960er Jahren gelegentlich auch zeitgenössisches Glas. Nachdem sie 2004 auf einer Auktion zwei große Arbeiten des in Frankreich lebenden Polen Cesław Zuber erwerben konnte, einem Spontankauf, reifte in ihr der Entschluss, neue Pfade zu betreten und die Jugendstil-Sammlung zu veräußern: 2007 wurde sie bei Quittenbaum in München versteigert. Die leidenschaftliche Aufmerksamkeit von Edith Achilles galt seitdem dem Studioglas und der zeitgenössischen künstlerischen Arbeit mit Glas, die sie nun systematisch zu sammeln begann.

Nur wenige Jahre darauf starb Edith Achilles’ Tochter Barbara 2010 an einer spät erkannten Krebserkrankung. Sie war ihr einziges Kind und war selbst unverheiratet kinderlos geblieben. Was sollte nun mit den Sammlungen geschehen? Der Wunsch der Tochter war es, die Bücher mögen nicht an ein Museum oder Archiv übergeben werden und dann womöglich bis auf kurze Ausstellungsphasen in einem Magazin verschwinden, sondern zur Freude neuer und alter Sammler, durch eine Auktion vereinzelt, wieder in Umlauf kommen. Die Glassammlung bestand zu dieser Zeit aus etwa 80 Arbeiten von 40 Künstlern und Manufakturen.

Edith Achilles entschied sich für das Zusammenhalten und den weiteren Ausbau beider Sammlungen unter dem Dach einer Stiftung, die sie nach ihrer Tochter „Barbara Achilles-Stiftung“ nannte. Die Stiftung konnte Räume im Gebäudekomplex des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses Barmbek beziehen. Vor allem der ehemalige Sektionssaal mit seiner Raumhöhe und der enormen Fensterfront noch Norden erweist sich als ideal für die Präsentation der stetig wachsenden Glassammlung. Die Teilnahme an den Festivals „Literatur in den Häusern der Stadt“ bzw. „Musik in den Häusern der Stadt“ waren ein erster Schritt in die Öffentlichkeit. Buchpräsentationen und Glasausstellungen folgten, die zunächst nur zur Vernissage bzw. Finissage sowie auf Anfrage zugänglich waren.

Kurz vor ihrem eigenen Tod im August 2020 hat Edith Achilles einen Beschluss des Stiftungsvorstandes bewirkt, um dem Wunsch ihrer Tochter Barbara nach Weitergabe der Bücher zu entsprechen. Für die Zukunft der Stiftung, die nun, wo Mutter und Tochter im Tod wieder vereint sind, in „Achilles-Stiftung“ umbenannt ist, hat sie sich zwei Dinge gewünscht:

 

Weil Bücher als Ausstellungsobjekte eher ungeeignet sind, möge die Stiftung zu anderen Formaten der Pflege der Buchkunst finden, als durch Bewahrung und weiterem Ausbau einer Sammlung. Vielmehr sollen die Bücher bei Christian Hesse Auktionen versteigert werden, jenem Hamburger Auktionshaus, das sich seit Jahren auf die moderne Buchkunst spezialisiert hat und bereits 2012 den Dokumentationskatalog „Wege zum Idealen Buch“ zum damaligen Buchbestand der Stiftung herausgab.

 

Ganz anders ist es mit dem künstlerisch gestalteten Glas, das hervorragend präsentiert werden kann. Die Sammlung und damit die Ausstellungsräume mögen wachsen und durch regelmäßige Öffnungszeiten allgemein zugänglich sein. Zusammen mit Sonderausstellungen und weiteren Aktivitäten, so die Hoffnung, soll sich hier eine neue Heimstätte für das internationale künstlerische Glas entwickeln, ein Ort des Austauschs, der Anregung, des Genusses und der Forschung. Es möge ein Treffpunkt enstehen für Fachleute, Liebhaber und Sammler, der aber in wenigstens dem selben Maße auch Menschen anspricht, die sich bisher noch nicht mit dem künstlerisch gestaltenen Glas befaßt haben.

Achilles-Stiftung