BIOGRAPHIE

Péter Borkovics


Péter Borkovics (geb. 1971 in Ungarn) schloss 1997 sein Studium an der Hochschule für Angewandte Kunst Budapest bei Zoltán Bohus, Márton Horváth und Endre Gaál mit einem Masterabschluss in Glas- und Porzellandesign ab. Seitdem arbeitet er als Freier Künstler und als Dozent an der Kunstgewerblichen Berufsschule Budapest in der Glasklasse. Er arbeitet mit verschiedenen Glastechniken, vor allem mit der Formschmelze und zu Fäden gezogenem Ofenglas. Sein Werk umfasst künstlerische Unikate aber auch die Gestaltung von Lampen und unikalen Trinkgläsern sowie die Rekonstruktion von römischen Diatretgläsern. Weltweite Anerkennung gefunden haben vor allem seine durch Linien strukturierten Platten, deren Inneres spiralartig verwirbelt ist.

Auf seiner Website beschreibt Borkovics seine Arbeitsweise und ihre gedankliche Einbettung: 1989, während des Umbruchs des politischen Systems in Ungarn und dem gesamten mittleren und östlichen Europa entstand die Idee, eine klare Glasstruktur teilweise zu verwirbeln. Noch fehlten ihm aber die technischen Möglichkeiten, dies zu tun. Erst 1996 griff er die Idee wieder auf. Er baute dafür seinen während des Studiums selbst gebauten Ofen um und experimentierte mit dem Verschmelzen von Glasstreifen. Borkovics hatte keinerlei Erfahrung damit und erarbeitete sich in langen Versuchsreihen systematisch alle technischen Kenntnisse über die Eigenschaften verschiedener Gläser und die notwendigen Temperaturverläufe, um die gewünschten Effekte realisieren zu können. Durch Schleifen, Farbaufträge oder gar Beschriftungen vorbereitete Glasstreifen werden nebeneinander liegend miteinander verschmolzen. Wenn das Glas weich genug ist wird der Ofen geöffnet und mit speziellen Werkzeugen partiell verdreht. Zu den Rändern hin bleibt die vorgegebene Streifenstruktur erhalten. Im Zentrum entsteht eine Verwirbelung. Statische Verschmelzung und die Dynamik der Arbeit mit flüssigem Glas werden so miteinander verbunden. Für Borkovics sind die parallelen Streifen ein Symbol für die Harmonie der Natur und den ewigen Lauf der Zeit. Wir als Menschen sind dort als ein Teil hineingeboren. Der rotierende Wirbel steht für den Menschen und zeigt die sich stetig verändernde Zivilisation auf. „Es ist, als wenn ein Stein ins Wasser geworfen wird, der Mensch wird geboren und etwas hat sich verändert.“

Borkovic greift mit diesen Arbeiten die seit György Z. Gác und Zoltán Bohus bestehende ungarische Tradition auf, größere Glaskörper aus kleineren Elementen aufzubauen und dann zu schleifen. Im Unterschied zu seinem Lehrer Bohus verklebt er die Einzelteile nicht mehr, sondern entwickelt diese Arbeitsweise durch das Verschmelzen weiter. Auf diese Weise konnte er eine neue Formensprache entwickeln und sie mit neuen künstlerischen Inhalten füllen. Nahezu zeitgleich haben auch andere Künstler vor allen in der Slowakischen Republik aber auch anderen Orts ähnliche Arbeitstechniken entwickelt. Es ist eine Variante der Formschmelze. Anstatt die Form mit unregelmäßigen Glasbrocken zu füllen, die beim Schmelzen jede beliebige Gestalt annehmen können, werden hier vorbereitete Glaselemente systematisch positioniert. Durch ihr Verschmelzen wird die innere Struktur des Objekts, häufig in Form einer runden Scheibe oder eckigen Platte, gezielt gestaltet, wie es bei der klassischen Formschmelze nicht möglich ist. Meist werden solche Objekte mit kalten Techniken wie Schliff und Politur bzw. Säuremattierung nachbearbeitet.
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung