BIOGRAPHIE

Milan Handl


Milan Handl (geb. 1952 in Příbram, Tschechoslowakei) gehört zur mittleren Generation von Glasgestaltern in der ČSSR und der tschechischen Republik. Bei seiner Generation war es üblich, die Hochschule für Angewandte Kunst erst nach einer handwerklich orientierten Ausbildung an einer der drei Glasfachschulen zu besuchen. Handl war von 1968 bis 1972 an der Glasfachschule in Železný Brod, bevor er zu Stanislav Libenský nach Prag an die Hochschule für Angewandte Kunst kam. Hier befasste er sich bis zu seinem Abschluss 1978 zuerst mit der Malerei auf Hohlglas, dann mit der Gestaltung von Gebrauchsglas, dem Glasschnitt und dem formgeschmolzenen Glas, also einer breiten Palette an künstlerischen Arbeitsmöglichkeiten.

Zu Beginn seiner Karriere als freier Künstler stand Handl der damals im tschechoslowakischen Glas dominierenden geometrisch geprägten Arbeit mit geschliffenen optischen Gläsern kritisch gegenüber und kritisierte auf eine damals unüblich vehemente Art einen großen Teil der mit Glas arbeitenden Künstlerschaft, wie Sylva Petrová berichtet. Sich davon absetzend verfolgte er mit seiner Arbeit zunächst zwei Werkgruppen: Zum einen waren das abstrakte Skulpturen, die er aus Flachgläsern und verspiegeltem Glas unter Zuhilfenahme von Metallrahmen komponierte. Er bezog diese Arbeiten gern auf die Natur und stellte sie im Freien auf. Bis in die Gegenwart kommt er immer wieder auf diese Werkgruppe zurück. Die zweite Linie waren hohle, in eine Form geblasene Rohre, die sich nach den Jahren der Dominanz des farblosen optischen Glases durch ihre starke, unbefangene Farbigkeit auszeichnen. Die „Rohre“, so auch der Titel dieser Gruppe, schnitt er in Segmente, schliff die Kanten und setzte sie abgewinkelt neu zusammen. Sie wirken wie Elemente einer technischen Architektur in ungewöhnlicher Farbigkeit. Der geometrischen Form stehen organische Farbverläufe gegenüber.

Als in den 1980er Jahren das allgemeine Interesse am geschliffenen optischen Glas nachließ, entdeckte Handl, vermittelt durch seine Arbeit an den Rohren, neue Perspektiven für den Schliff. Allerdings setzt er diese Technik völlig anders ein als die Künstler, die zuvor farbloses optisches Glas bearbeiteten. Aus zumeist formgeschmolzenen, intensiv farbigen Glaselementen, die er zurechtschleift, setzt Handl geometrisch ausgerichtete Skulpturen zusammen. Oft arbeitet er dabei in thematischen Zyklen wie „Architektur“, „Tisch“ oder „Kanten“. Auch figürliche Motive wie pickende Vögel oder Kriegerhelme verarbeitet er abstrahiert in seinen Arbeiten. Durch sein antizyklisches Vorgehen, Moden auszuweichen und stets nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen, hat sich Milan Handl eine höchst eigenständige Formensprache erarbeitet, die sich durch geometrisch-architektonische Formen und eine starke Farbigkeit auszeichnet. Seit 2010 ist er Lehrer an der Glasfachschule in Nový Bor.
Uwe Claassen

Skulptur: Rohre

Achilles-Stiftung