BIOGRAPHIE

Ilja Bílek


Ilja Bílek (geb. 1948 in Liberec, Tschechoslowakei) studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in Prag Prag unter Stanislav Libenský. Von 1975 bis 1992 arbeitete er als Designer für den Staatsbetrieb Železnobrodské sklo in Železný Brod, wo er außergewöhnliches, schlichtes Gebrauchsglas entwarf und nach dem Ausscheiden von Jaroslava Brychtová 1984 die Leitung der von ihr aufgebauten und über lange Jahre geführten Entwicklungsabteilung „Glas in der Architektur“ übernahm, dem bedeutenden Innovationszentrum für Formschmelztechniken in der ČSSR. In den 1980er Jahren trat Bílek auch mit künstlerischen Arbeiten hervor. Nach den Wirtschaftsumbrüchen, die der Samtenen Revolution folgten, sah er sich im Großbetrieb in seinen gestalterischen Freiheiten immer stärker eingeschränkt. Bílek quittierte seine Position und etablierte sich als Freier Künstler. Von 1996 bis 2017 leitete er zudem das Glasstudio der Fakutät für Kunst und Design an der Jan Evangelista Purkyně Universität (UJEP), Ústí nad Labem.

Die künstlerischen Arbeiten von Bílek fielen schon in den 1980er Jahren wegen der sparsamen abstrakt-geometrischen Formensprache und der logischen Konstruktion auf und wurden sofort als ein „neuer Zug“ in der Glasplastik erkannt. Wie ein Architekt sucht Bílek nach Beziehungen zwischen geometrischen Formen und Strukturen und nach stimmigen Kombinationen verschiedener Elemente, die trotz aller Spannung harmonisch vereint werden. Im Zentrum steht das Zusammenbringen gegensätzlicher Prinzipien, für die er einfachste Formen findet. Gegossene Glasplatten, wie bei „Der Schlag“, 1989, repräsentieren mit ihren erkennbaren Anzeichen des Arbeitsprozesses, z.B. Bläschenbildungen und variierenden Wandstärken, ein organisches Prinzip, das durch einen eingeklebten geometrisch-prismenartig geschliffenen Stab kontrastiert wird. Das Absenken der flachen Platte zu einem faltenartigen Schwung ergibt die Andeutung eines Volumens. Weitere immer wieder von Bílek eingesetzte Kontrastpaare sind Transparenz und Intransparenz, farbig und nichtfarbig, harte und weiche Formen. Eine erste Werkphase bis Mitte der 1990er Jahr ist geprägt von opakem schwarzen Glas und kräftigen Blau- und Rottönen. Es folgte eine intensive Beschäftigung mit dem Tetraeder, dem mit vier Außenflächen einfachsten geometrischen Raumkörper. Flachgläser und Volumina montierte Bílek dann zu fragil gestapelten Gebilden, die wie ein Still einer filmischen Bewegungsstudie von kippenden und einstürzenden Raumkörpern wirken. Die Farbe reduzierte er immer mehr auf blasse Grün- und Weißtöne. Zunehmend verzichtete er auch auf brillant glänzenden Oberflächen und ging dazu über, sein Material zu mattieren. Das Vermeiden von Lichtreflexen und Spiegelungen des Umfeldes führt zu einer weiteren Konzentration auf die reine Form.

Im Kern dieses Werks steht die Suche nach Ordnung, nach allgemeinen Wahrheiten, wie Bílek in einem Interview mit Marie Kohoutová ausführte. Er sieht sich als Forscher, der nach Formen sucht, um allgemeine Ideen zu vermitteln. Die gegensätzlichen Prinzipien sind der Schlüssel zum Verständnis des Werks, und die Titel der Arbeiten weisen in eine bestimmte inhaltliche Richtung. Ordnung ist für Bílek dabei nichts Bewegungsloses, sondern ein dynamischer Prozess, der lebendig ist und Veränderungen im Leben spiegelt. Entsprechend ist das Ziel nicht das Absolute, die perfekte Form, sondern Selbsterkenntnis. „Durch die Arbeit finde ich Harmonie mit der Welt und mit mir“. Einfache geometrische Formen erscheinen dem Künstler als die geeigneten Mittel, weil sie, frei von persönlichen Emotionen, eine allgemeine Wirkung entfalten. Dekorative Details würden nur vom Eigentlichen ablenken. Mit dem Einsatz seines minimalen Formenrepertoires erreicht Bílek so eine Tiefe, die anders nicht erreichbar wäre. „Sparsamkeit ist meine persönliche Antwort, die Verweigerung des Konsums und von Situationen, in denen Quantität und nicht Wert eine Rolle spielen.“
Uwe Claassen

Achilles-Stiftung