Carl van Hees (geb. 1964 in Willemstad, Curaçao, Niederländische Antillen) liebt starke Formen, üppige Texturen und klare Farben für seine künstlerische Arbeit. Glas nutzt er dabei auf eine selbst erarbeitete Weise, die unüblich ist und die man mit Glas erst einmal nicht in Verbindung bringen würde. Als zehnjähriger kam van Hees aus seiner Heimat Curaçao in der Karibik nach Holland. An der Rietveld-Academie absolvierte er 1987 bis 1992 ein Modedesign-Studium, während dessen er immer mehr realisierte, dass die Mode nicht seine Berufung ist. Auch ein Anschlussstudium in Breda, mit dem er 1992 und 1993 seine zeichnerischen Interessen vertiefte, führte letztlich nicht zum Ergreifen eines Berufs. Wie es manchmal so geht: Der Job, der einem das Studium ermöglicht, entwickelt sich zum Quereinstieg in einen Arbeitsbereich, der einen ausfüllt und Perspektiven bietet. Bei van Hees war es die Nachbarin, die ihm diesen Einstieg ermöglichte. Toots Zynsky, eine Amerikanerin und international anerkannte, mit Glas arbeitende Künstlerin, die seit 1983 im Amsterdam lebte, ließ ihn erst ihr Studio reinigen und dann fertige Arbeiten verpacken. Mit der Zeit managte van Hees die Werkstatt und lernte viel über Glas. Ende der 1990er Jahre belegte er Kurse für die Arbeit mit Glas in den Werkstätten des Corning Museum of Glass in den USA und des Glasmuseums Sars Poteries in Frankreich. Seit 1998 arbeitet er ausschließlich mit diesem Material und übernahm im Jahr 2000, als Zynsky zurück in die USA ging, deren Werkstatt. Die Arbeiten von van Hees stehen in der Nachfolge von Zynsky. Die Erforschung der Wirkungen von Formen, Texturen und Farben steht im Mittelpunkt und erfolgt anhand von Gefäßformen. Während Zynsky auf der Basis langer, filigraner Glasfäden arbeitet nutzt Van Hees aber das genaue Gegenteil davon: Er verschmilzt grobes Glasgranulat zu seinen Gefäßen. Als ihm klarer wurde, dass er mit Glas arbeiten will, entschied er sich dafür, anders vorzugehen als die Klassiker aus dem Bereich des geblasenen Glases, wie zum Beispiel der für die Niederlande so bedeutende Designer und Künstler Andries Dirk Copier (1901-1991). Van Hees hatte etwas ganz anderes im Sinn: etwas wie Glasstücke, die nach einem Autounfall glitzernd auf der Strasse liegen. Van Hees liebt klare Farben. In Murano findet er die Glasfarben, die er für seine Arbeiten braucht. Die gelieferten Zapfen erwärmt er und lässt sie in kaltem Wasser zerspringen. Die Bruchstücke zermalmt er dann in einem Fleischwolf zu einem groben Granulat. Das mischt er mit feinem Glaspulver und einem Bindemittel, so dass eine Paste entsteht, mit der er Gipsformen befüllt, die nach dem Brand zerstört werden. Im Brennofen lässt er die Paste so weit verschmelzen, dass ein einheitliches Objekt entsteht, dessen Entstehung aus dem Granulat aber klar erkennbar bleibt. Das kantige Granulat scheint in ein anderes, weicheres Material eingesunken zu sein oder von ihm zusammengehalten zu werden. Mal sind die Ergebnisse monochrom, mal bestehen sie aus sedimentartig geschichteten Farben und mal aus mehrfarbigen Murinen, die fast wie verklebte Süßigkeiten wirken. Lange Zeit hat Van Hees vor allem mit einfachen, klaren Formen gearbeitet, die in einem starken Kontrast zur groben Textur stehen: runden Schalen, langgezogenen Rauten oder schlanken Booten. In den letzten Jahren fand er zu einem freieren Umgang mit der Form und der Farbe. Es finden sich jetzt auch abstehende Stacheln und aufgelegte Wülste und der früher eher kontemplative Einsatz von Farbe ist einer bunt schillernden Lebendigkeit gewichen. Uwe Claassen