Gino Cenedese (geb. 1907 in Venedig, Italien – 1973) ist der Begründer einer der bedeutenden venezianischen Glasmanufaktur des 20. Jahrhunderts. In den 1920er Jahren absolvierte er eine Ausbildung zum Glasbläser, arbeitete dann aber lange Jahre administrativ. 1946 gründete er mit Partnern eine Glasmanufaktur, die seinen Namen trug. Zu den Partnern gehörte u.a. Alfredo Barbini (1912-2007), der sich 1950 mit einem eigenen Betrieb selbständig machte. Alfredo Barbini war bei Cenedese leitender Entwerfer und Meisterglasbläser in einer Person. Er befasste sich vor allem mit am Ofen modellierten Kleinplastiken. Zudem wurden auf der Biennale in Venedig 1950 erste „Acquario“-Blöcke gezeigt, die sich im Lauf der 1950er Jahre geradezu zu einem Aushängeschild sowohl für Cenedese als auch für Barbinis eigenen Betrieb (siehe Eintrag Alfredo Barbini) entwickelten. Vorbereitete Glaselemente sind hier in einen in mehreren Schichten gegossenen Glasblock eingelegt. Der Künstler Ricardo Licata (1929 – 2014) entwarf darauf aufbauend in den 1950er Jahren Bilder von Gesichtern. Die einzelnen Elemente wie Augen, Nase, Mund oder Konturen liegen dabei auf verschiedenen Ebenen, so dass sich beim Umrunden des Blocks für die Betrachter ständig neue Eindrücke ergeben. Cenedese arbeitete mit zahlreichen namhaften, aber auch weniger bekannten Gestaltern zusammen, unter anderen auch mit Fulvio Bianconi. Zudem realisierte die Firma Arbeiten von Künstlern wie Marc Chagall oder George Braque. Typisch für Cenedeses eigene Linie in den 1950er Jahren sind intransparente Arbeiten, bei denen die Oberfläche zum Auftrag rein malerisch aufgefasster Dekorschichten genutzt ist, die bisweilen bis ins Figürliche reichen. 1958 trat Antonio Da Ros (geb. 1936 in Venedig) als Gestalter in die Firma ein und wurde im Folgejahr ihr künstlerischer Leiter. Unter ihm verlagerte sich die Produktion von Cenedese zu dickwandigen Gläsern in „Sommerso“-Technik. Zwischen den farblosen Schichten sind hier teils mehrere farbige Einschlüsse eingefügt, die einzeln erkennbar bleiben. Typisch für die Vetreria Gino Cenedese der 1960er Jahre sind dabei Gefäße mit asymmetrisch angeordneten, farbigen Innenformen im farblosen Glas. Nach dem Tod von Gino Cenedese 1973 übernahm sein Sohn Amelio (geb. 1946) den Betrieb, in dem er schon seit längerem mitgearbeitet hatte. Obwohl der Vater nicht mehr lebte, lautete der neue Name „Gino Cenedese & Figlio“. 1993 erwarb die Firma die Namensrechte und Geschäftsbeziehungen von „Seguso Vetri d’Arte“, deren Produktion 1992 eingestellt worden war, um 2007 selbst übernommen zu werden: Von der neu aufgestellten Seguso-Gruppe, die so auch die Rechte am Namen „Seguso Vetri d’Arte“ erlangte und den Namen „Cenedese“ als Marke weiterhin nutzt. Heute firmiert die Marke unter dem Namen “Ars Cenedese Murano”.Das Angebot der Marke „Gino Cenedese & Figlio“ reichte von Objekten, meist Vasen, Schalen und Tierskulpturen, über Trinkgläser und Leuchtkörper bis zu Badezimmer- Kollektionen. Ein Schwerpunkt der Kollektion mit eigenem Katalog waren Objekte „A canne“. Für die Vasen, Schalen, Flaschen und anderen Objekte sind farblos umfangene Farbglasstäbe ausgelegt und miteinander zu einer Platte verschmolzen worden. Die Platte wurde mit der Glasmacherpfeife aufgenommen und in freier Arbeit zum gewünschten Objekt geformt. Zum Teil wurden die Stücke in Battuto-Technik geschliffen, was ihnen eine matte, gehämmert erscheinende Oberfläche verleiht. Uwe Claassen